Schon im frühen 17. Jahrhundert entstand Schritt für Schritt das Bad Ragaz, wie wir es heute kennen – ein Ort der Kraft, Gesundheit und Regeneration.
Mit der Entdeckung der Thermalwasserquelle in der Taminaschlucht wurde damals der Grundstein für den heutigen Kraftort gelegt. So wurde früher noch direkt in der Schlucht im heilenden Thermalwasser gebadet, bis schliesslich das Alte Bad Pfäfers erbaut wurde. Mit dem späteren Bau des Quellenhofs sowie der Tamina Therme entstand über viele Jahrhunderte hinweg ein Bade- und Kurort, der weltweites Ansehen geniesst. Was früher als Ort der Heilung galt, hat heute immer noch Relevanz: Mobilität, Digitalisierung und die damit einhergehende ständige Erreichbarkeit haben das Leben beschleunigt. So sehr, dass wir uns wieder vermehrt nach Ruhe und Erholung sehnen.
Wer nachts schlecht schläft, weil die Gedanken pausenlos um den Beruf oder das Privatleben kreisen, leidet vermutlich unter Stress. Eine Pause, um die «Batterien» wieder aufzuladen, ist dann längst überfällig. Meint auch Andrina Guski, Personal Trainerin im Grand Resort Bad Ragaz: «Der Körper hat zwei Arten von Energiereserven, auf die er zurückgreifen kann. Eine davon wird durch Stoffwechselprozesse freigesetzt, die andere wird durch freifliessende Energieströme bedingt. Bei gesunden Menschen befinden sich diese Energieströme in einem fein abgestimmten Gleichgewicht.» Ist die Balance gestört, werden wir krank. Kopfschmerzen, Magen-Darm-Probleme sowie Schulter- und Rückenschmerzen zählen zu den ersten Symptomen. «Wer nicht aufpasst, riskiert langfristig an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einem Burnout oder einer Depression zu leiden», fügt Guski hinzu. Es entsteht eine Abwärtsspirale: Überstunden, Koffein oder Zigaretten scheinen ein Ventil zu sein, mit dem Stress umzugehen. Doch sie verschlimmern die Situation zusätzlich. «Das Zauberwort ist ganz klar: Balance. Ein wenig Anspannung beflügelt uns zwar kurzfristig zu grösseren Leistungen.
Auf Dauer macht uns das ständige Unter-Strom-Stehen allerdings krank. Auf Anspannung sollte deshalb auch immer Entspannung folgen.» Doch das ist nicht immer leicht: In der modernen Leistungsgesellschaft gehört es schon fast zum «guten Ton» möglichst beschäftigt und gestresst zu sein. Nicht zuletzt neigen Betroffene aus diesem Grund oft dazu, ihre Situation zu verharmlosen. Noch dazu erkennt nicht jeder direkt einen Zusammenhang zwischen zwei bis drei kurz aufeinanderfolgenden grippalen Infekten. «Einsicht ist daher der erste und wichtigste Schritt zur Besserung», sagt die angehende Mindfulness-Trainerin.
Wer am Abend immer wieder nach Hause kommt, sich abgeschlagen und völlig antriebslos fühlt, hat einige stressige Tage hinter sich. Dann herauszufinden, ob die scheinbar fehlende Energie mit dem Stoffwechsel zusammenhängt oder energetisch bedingt ist, stellt für viele schon die erste Herausforderung dar. Andrina Guski empfiehlt: «Beobachten Sie sich selbst. Mit meinen Gästen führe ich gerne eine Art Tagebuch. Das Aufschreiben hilft rückblickend dabei, nichts zu vergessen.» Auch Leitfragen sollen helfen, die Energieräuber zu identifizieren. «Machen Sie doch mal ein Experiment und fragen Sie sich eine Woche lang täglich folgende Fragen: Was war heute mein bestes Erlebnis? Wo habe ich mich am wohlsten gefühlt? Wie hat sich meine Stimmung über den Tag verändert? Was möchte ich wieder erleben?
Was hat mich heute am meisten Energie gekostet?», schlägt die Expertin vor. Sind die Energieräuber erstmal identifiziert, gilt es, zu handeln. «Das Nein-Sagen, bewusste Pausen mit sich selbst und das vermehrte Hören auf die eigene Intuition sind Wege, für mehr Ruhe im Alltag zu sorgen.» Wie viel Entspannung es für einen Stressreiz braucht, ist laut Andrina Guski unterschiedlich: «Das hängt ganz von der individuellen Stressresistenz und der Ursache ab. Es ist nicht immer leicht, aber jeder muss selbst erlernen, in sich hineinzufühlen.» Dieses Hineinfühlen ist für viele schwierig und zu abstrakt. «Unsere Intuition hat eigentlich immer eine Lösung parat. Wir müssen nur auf sie hören.» Doch wer im Sprint durch den Alltag braust, läuft letztendlich auch an der Umwelt und sich selbst vorbei. Andrina Guski empfiehlt deshalb: «Ein Mindfulness-Coaching hält bewusst dazu an, sich Zeit zu nehmen und somit auch besser zu entspannen.» Eine solche Sitzung kann auch dabei helfen, einen persönlichen Zugang zum Thema «Mindfulness» zu finden.
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« Es gibt Orte, die es uns leichter machen, Kraft zu tanken.»
Selbst Skeptiker könnten nur gewinnen: «Mit meinen Gästen gehe ich gerne raus und lasse sie die Schuhe ausziehen. Diese Aufforderung wird oft mit einem irritierten Blick beantwortet. Die Schuhe zieht trotzdem jeder aus und beantwortet mir dann meine Folgefragen», erzählt sie lachend. Ausprobieren könne man das auch zuhause, ohne einen Coach. «Gehen Sie einfach nach draussen und lassen Sie sich von Ihrer Intuition an einen Ort führen. Das kann ein Plätzchen auf Ihrer gewohnten Spazierroute sein oder Sie gehen ganz einfach drauf los und schauen, wo es Sie hinführt.» Am auserwählten Ort angekommen, gilt es, innezuhalten – sitzend, stehend oder sogar liegend. Guski ergänzt: «Was auch immer bequem ist. Dann gilt es, sich zu fokussieren. Auf die Atmung oder die Umgebungsgeräusche.» Aufkommende Gedanken dürfen wahrgenommen und dann aber zur Seite geschoben werden. «Für den Anfang reichen zehn Minuten. Kein Mönch hat mit einer mehrstündigen Meditation begonnen. Mindfulness ist auch immer eine Frage des Trainings.»
Energie & Balance
Orte, zu denen wir eine Verbindung spüren, können es uns leichter machen, zu entspannen und wieder mehr einen Zugang zu uns selbst zu finden. Die Expertin sagt: «Meist fallen einem diese Orte direkt ein, wenn man danach gefragt wird. Solche ‹Happy Places› haben wir fast alle.» Neben diesen gibt es auch noch sogenannte «Kraftorte». Das sind Plätze, an denen eine besondere Energie herrschen soll. Sie laden ein, zur Ruhe zu kommen, sich wohlzufühlen und neue Eindrücke zu sammeln. Solche Orte sind oftmals durch Grotten, starken Mooswuchs oder Quellen gekennzeichnet. Wissenschaftlich bewiesen sind die Energien dieser Kraftorte nicht. Laut Andrina Guski ist das aber auch nicht weiter wichtig: «Letztendlich ist die Wirkung entscheidend. Diese Orte machen es uns leichter, uns wieder mehr mit uns selbst zu verbinden und Kraft zu tanken. Und das ist das, was wirklich zählt.»