Viele wissen nicht, dass unser Körper von Abermillionen Mikroben bewohnt wird, die unser Mikrobiom bilden und für unsere Gesundheit essenziell sind. Ernährungsberaterin Sonja Ricke erklärt, wie eine vielfältige, ballaststoffreiche Ernährung und ein gesunder Lebensstil unser Mikrobiom stärken und langfristig positiv beeinflussen können.
Wie war das nochmal mit dem Mikrobiom? In uns leben Abermillionen Bakterien?
Sonja Ricke: Ganz genau. Im Volksmund spricht man oft von der Darmflora. Sie ist allerdings nur ein Teil davon. Das Mikrobiom umfasst aber viel mehr. Auf der Haut, den Haaren und im Darm leben unzählige Mikroben. Dazu zählen Bakterien, Viren und Pilze. Die Gesamtheit dieser Kleinstlebewesen nennt man Mikrobiom. Es ist von Mensch zu Mensch verschieden. In dieser Hinsicht ist es wie ein Fingerabdruck. Jedoch kann es sich im Gegensatz zu einemFingerabdruck im Laufe des Lebens verändern.
Wofür sorgt das Mikrobiom in unserem Körper? Bemerken wir es überhaupt im Alltag?
Sonja Ricke: Man könnte sagen, es spielt eine bedeutende, aber unscheinbare Rolle. Da der Begriff immer noch ein eher unbekannter ist, fällt es uns schwer, positive oder negative Auswirkungen, dem Mikrobiom zuzuordnen. Die winzigen Lebewesen helfen mit, die Nahrung zu verdauen, Vitamine aufzunehmen und die Darmschleimhaut zu pflegen. Darüber hinaus nehmen sie Einfluss auf das Immunsystem, die Bildung von Hormonen und die Psyche.
Angenommen, wir wollen den kleinen Bakterien, Pilzen und Viren etwas Gutes tun. Wie sieht das perfekte Verwöhnprogramm aus?
Sonja Ricke: Durch unser Essverhalten können wir die Zusammensetzung und Aktivität der Bakterien wesentlich beeinflussen. Je vielfältiger das Mikrobiom zusammengesetzt ist, desto widerstandsfähiger ist es gegenüber Störungen. Die ideale Ernährung für ein gesundes Mikrobiom ist besonders naturbelassen, ballaststoffreich und vielfältig. Konkret bedeutet das viel frisches, unbehandeltes Gemüse, Vollkornprodukte, Bitterstoffe, gesunde Fette und ausreichend Eiweiss zu sich zu nehmen.
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« Wir sollten wieder mehr mit der Natur leben und möglichst divers, naturbelassen und regional essen.»
Und was gilt es besonders zu vermeiden?
Sonja Ricke: Das Mikrobiom ist ein sehr empfindliches Ökosystem, welches nicht nur auf das Essverhalten reagiert. Natürlich wirken sich eine einseitige Ernährung, Fertigprodukte und ungesunde Fette negativ auf dessen Wohl aus. Aber auch die Einnahme von Antibiotika, Stress, das Rauchen und der Konsum von Alkohol bringen es aus dem Gleichgewicht. Wir sollten auch nicht vergessen, dass der Lebensstil, die Genetik, die Sozialisierung und die Umwelt ebenfalls einen Einfluss auf den Zustand des eigenen Mikrobioms nehmen.
Wie stehen die Chancen das eigene Mikrobiom zu retten?
Sonja Ricke: Wer dem Mikrobiom dauerhaft etwas Gutes tun will, braucht ein wenig Ausdauer. Auf eine kurzfristige Umstellung der Ernährung reagieren die kleinen Helfer zwar schnell, die Veränderung ist allerdings nicht von Dauer. Eine ordentliche Umstellung dauert mindestens 60 bis 90 Tage. Wirklich stabil wird die Umstellung erst nach einem Jahr. Aber auch hier habe ich eine gute Nachricht: Mit der Umstellung verändert sich der Körper und mit ihm auch das Verlangen nach bestimmten Nahrungsmitteln. Das heisst, es wird einfacher bei den neuen Essgewohnheiten zu bleiben, da wir schlichtweg andere Bedürfnisse entwickeln.